Schutzengel

Fahre immer nur so schnell, wie Dein Schutzengel fliegen kann –

Dieser Geleitspruch ist der schönste Gruß, den ich bislang hörte.  Ich las ihn in einem der unzähligen Motorradfahrer-Gruppen auf Facebook. Und soll ich euch etwas sagen, ich bin immer noch sehr gerührt, wenn ich an ihn denke.

Er symbolisiert, wie der Motorradfahrergruß mit der Linken, Vertrauen, Sicherheit und Verbundenheit – ausgesprochen von anderen Motorradfahrern, die man kaum kennt, gewinnt der Spruch noch mehr an Bedeutung.

Als ich gestern unterwegs war, dachte ich in manch einer Situation viel über diesen Spruch nach. Eigentlich glaube ich nicht an Engel, aber gestern scheint mein Schutzengel mit mir unterwegs gewesen zu sein.  Und er hatte auch reichlich zu tun.

Es war gestern nicht mein Tag. Leicht angeschlagen, mit einer Erkältung im Anmarsch sollte man nicht aufs Motorrad steigen. Noch dazu waren die Temperaturen zu niedrig, die Strassen zu nass und der Himmel zu sonnenarm, um eine Motorradausfahrt zu unternehmen. Ich tat es trotzdem, weil ich mich verabredet hatte und nicht nur ich, sondern auch mein Mitfahrer sich in die Motorradklamotte geschmissen hatte, um mit mir eine Ausfahrt zu machen.

Das Wetterradar zeigt keinen Regen und es soll auch gegen Mittag noch die Sonne herauskommen, ließ er mich wissen. Ok, dachte ich, mein Blick auf den Wetterbericht von wetteronline.de liess mich zwar zu einem anderen Schluss kommen, doch versprochen ist versprochen, dachte ich und zog mir ebenfalls dreifach wärmende Hosen und Pullover über, bevor ich in meine Motorradhose und Jacke schlüpfte.

Wir waren zum Frühstück verabredet und starteten von dem Frühstücksort. Die Abfahrt begann für mich schon weniger gut. Beim Wenden hatte ich zu wenig Schwung, den Lenker zu weit eingeschlagen und zu wenig Kraft, um mein Motorrad zu halten. Folglich fiel „meine Lady“ auf die bereits geschundene rechte Seite, so dass mein Bugschutzschild erneut Kratzer bekam. Da ich unter der Maschine lag, versuchte ich mich und meine Maschine wieder aufzustemmen. Doch zwei Vorhaben auf einmal durchzuführen, war eindeutig zu viel.

Ein Passant blickte auf mich, unsere Blicke trafen sich und ohne ein Wort griff er an den linken Lenkergriff und vermutlich auch noch auf das Heck und ruckzuck war „meine Lady“ wieder aufgerichtet.  Ich bedankte mich, doch mehr geschah nicht. Mein Helfer sagte nichts bzw. zumindest kann ich mich heute nicht daran erinnern, dass er etwas sagte. Er hat einfach nur geholfen, als wenn es das Selbstverständlichste der Welt sei, mir beim Aufrichten meiner umgefallenen Maschine zu helfen.

Ich saß wieder auf meinem Motorrad und vollendete die Wendung. Fuhr auf dem Fahrradweg der nächsten Fahrbahnabsenkung entgegen, damit meine Motorradausfahrt beginnen konnte. Auf dem Weg zu meinem Begleiter dachte ich an den Geleitspruch und an den Schutzengel. Auch wenn ich bislang davon überzeugt war, dass es keine Engel gab.

Eigentlich wäre es jetzt besser, die geplante Ausfahrt abzubrechen, dachte ich, doch ich sagte nichts und wir begannen unsere Ausfahrt bei leider weniger gutem und sonnenarmen Wetter.

motorradfahrer-unterwegs.de | schutzengel zum ersten advent

motorradfahrer-unterwegs.de | Schutzengel

Auf unserer Ausfahrt stand mir mein Schutzengel noch zweimal Pate. Ein weiteres Mal half er mir meine Maschine in einer Linkskurve soweit unter Kontrolle zu halten, um nicht aufgrund der Flugkraft aus der Kurve zu rutschen und mich intitiv meine Maschine soweit nach unten zu neigen, dass ich die Kurve exakt ausfuhr und in der Straßenführung blieb.

Das dritte Mal half mir mein Schutzengel bei einer Vollbremsung mit Vorder- und Hinterradbremse, auf die ich  sekundenschnell innerhalb einer Beschleunigungsphase umschwenken musste, da sich mein Mitfahrer entschloss vor einer Ampel abzubremsen, statt diese noch zu passieren, während sie auf Rot umschaltete.

Ich griff in die Vorderradbremse, doch ahnte, dass die Kraft nicht ausreichen würde. Ich trat ebenfalls in die Hinterrradbremse, doch die bewirkt in der Regel, dass bei Vollbremsung das Hinterrad nach links oder rechts ausschlägt. Supersportler bremst man in der Regel mit der Vorderradbremse ab. Mein Schutzengel half mir dabei die Spur zu halten und noch vor dem Hinterrad meinem Begleitfahrers anzuhalten. Puuuh, was für ein Abenteuer!

Heute bleibe ich zuhause. Ich werde meine Erkältung in Ruhe auskurieren und es gemächlicher angehen lassen.

Allen Lesern wünsche ich einen unfallfreien und erholsamen ersten Advent.